Mittwoch, 9. November 2022 – 33 Jahre nach dem Mauerfall. Im Foyer sitzt ein unaufgeregter Mann, der Aufregendes erzählt und uns in den nächsten 90 Minuten gebannt an unsere Stühle fesseln würde. Sein Name: Günter Wetzel. Der damals 23-Jährige war nicht der einzige, der sich nicht mit dem Regime der DDR anfreunden konnte, jedoch der Erste und Einzige, dem eine erfolgreiche Flucht mit dem Heißluftballon glückte. Zusammen mit seinem Partner Peter Strelzyk entwickelte er die anfangs absurde Idee, mit einem Heißluftballon die Grenze in den Westen passieren zu wollen, welcher sie sich dann aber mit großer Tatkraft widmeten. An der Leinwand des Foyers erscheinen nun kompliziert aussehende Skizzen und Pläne, die für Günter Wetzel wesentlich selbsterklärender scheinen als für die meisten von uns. Bilder und Aufzeichnungen helfen uns, seinen Gedankenprozess nachzuvollziehen. Dankbar für diese sei er dabei vor allem der Stasi, die seine Vorgehensweise detailgetreu in seiner 2500- seitigen Akte beschrieben hatte, witzelt Wetzel. Etwa ein Jahr nach Beginn der Vorbereitungsarbeiten und einige Fehlversuche später, befanden sich er und Peter Strelzyk jeweils mit Familie auf engstem Raum in luftiger Höhe. Sein trockener Humor lässt uns, das Publikum, nicht nur gespannt auf den Erfolg seines waghalsigen Unterfangens hoffen, sondern hinterlässt auch ein Schmunzeln auf unseren Gesichtern. Spätestens nach seiner Bemerkung: “Nicht nur die Scheinwerfer gingen aus, sondern auch unser Gasbrenner“, heben sich die letzten Mundwinkel im Raum. Dies bezog er auf die äußerst riskante Situation, in 2000 Metern Höhe, bei der die letzten Gasreserven aufgebraucht waren und man sich noch über “feindlichem Territorium” befand. Denn mittlerweile wurden die Flüchtenden von der Stasi gesucht, die die Überreste des vorherigen gescheiterten Versuches entdeckt hatten.
Nach der stürmischen Landung machten sich Unsicherheit und Erschöpfung breit. Sie wussten nicht, ob sie sich im Westen befanden. Ebenso wie bei den Geflüchteten machte sich auch im Publikum Erleichterung breit, als feststand, dass sie es bis in die BRD geschafft hatten.
Die Reise der Emotionen im Publikum verläuft von Faszination über Belustigung zu Schock und Erstaunen. Besonders beeindruckend sind Wetzels Kreativität und Zielstrebigkeit dabei, die aufgetretenen Probleme zu lösen und die Flucht zu ermöglichen. Nach den wie im Flug vergangenen 90 Minuten waren wir alle erleichtert zu erfahren, dass die Flucht trotz vieler Herausforderungen geglückt ist.
Wer noch mehr über die außergewöhnliche Flucht in den Westen erfahren möchte, kann Wetzels Internetseite besuchen oder sich den Film “Ballon” ansehen. (Joelina Fellner, Ida Friedrich JG2)
Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite von Günter Wetzel unter www.ballonflucht.de
… auf Platz 3 der „größten Wagnisse der Geschichte“ findet ihr übrigens die „Fluchten aus der DDR“ – natürlich mit der Ballonflucht von Günter Wetzel … ZDF – Neo – Die größten Wagnisse der Geschichte – Platz 3 ab 29 Minuten 11 Sekunden
Fotos: Ida, Sue, Ow