Chefdramaturg Michael Volk vom Staatstheater Kassel besuchte uns, die Klasse 10d, am Montag, den 1. März in einer BBB-Konferenz im Rahmen unseres Deutschunterrichts bei Frau Henkel. Er studierte Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Politikwissenschaften in Tübingen, Rom und Hamburg. Seit Beginn der Spielzeit 2010-2011 ist er Chefdramaturg und persönlicher Referent des Intendanten am Staatstheater Kassel. Neben „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller betreute er auch andere bekannte Produktionen wie „Urfaust“ von Johann Wolfgang von Goethe und „Viel Lärm um nichts“ von William Shakespeare. Bei seinem Besuch in unserer Deutschstunde erzählte er von seinem Beruf, gab uns einen umfassenden Einblick in die Theaterwelt und die Inszenierung von „Kabale und Liebe“ in Kassel und berichtete von seinen Erfahrungen.
Aber zuerst einmal: Was macht ein Chefdramaturg überhaupt? Ein Dramaturg ist ein künstlerischer Berater, so Herr Volk. Zu seinen Aufgabenfeldern gehört unter anderem die Vermittlung nach außen. Man hält Einführungen, schreibt Texte für Programmhefte oder besucht Schulklassen. Viel wichtiger ist aber die Begleitung der Produktion. So ist es Aufgabe des Dramaturgen, Texte in Form von Strichfassungen zu bearbeiten und den Regisseur bzw. die Regisseurin bei der Umsetzung der geplanten Aufführung zu beraten.
Es dauert wohl circa sieben Wochen bis ein Stück bühnenreif ist. Der erste Schritt dahin ist die Planungsphase: Welche Stücke würde man selbst als Zuschauer sehen wollen? Welches Projekt kann welcher Regisseur umsetzen? Bei den Proben, die vor allem zum Ausprobieren da sind, geht man dann die einzelnen Szenen durch. Man schaut, was möglich ist und hängt dann schlussendlich die einzelnen Szenen zusammen, was wohl das Anspruchsvollste im Prozess ist.
Aber natürlich gibt es auch Schwierigkeiten auf dem Weg von der Planung bis zur Premiere. Zum Beispiel, wenn man erst während der Arbeit merkt, dass das Stück gar nicht geeignet ist. Schwer ist es aber vor allem auch für die Darsteller, denn die Arbeitsbedingungen am Theater sind hart: Stress, Konkurrenz und Leistungsdruck. Kranksein zum Beispiel ist ein echtes Problem. Denn egal was passiert: the show must go on!
Im Deutschunterricht beschäftigen wir, die Klasse 10d, uns momentan mit Schillers Drama „Kabale und Liebe“. In dem Stück geht es einerseits um die Standesgrenzen überschreitende Liebe zwischen der Bürgerstochter Luise und dem Adelssohn Ferdinand und andererseits um die Kabale oder Intrige, die für die Hauptcharaktere verhängnisvoll endet…
Nachdem wir uns im Unterricht schon viel mit dem Drama auseinandergesetzt hatten, bekamen wir einen Theater-Trailer zum Stück gezeigt, der sofort unser Interesse weckte. Das Stück war unter Regie von Oberspielleiter Markus Dietz mit unserem Gast Michael Volk als Dramaturg 2015 entstanden und ist, wie wir erfuhren, ein Herzensprojekt der beiden.
Auch das Drama „Kabale und Liebe“ konnten wir dank dieser Stunde noch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Zum einen war uns die Entstehung des Werkes neu: Schiller schrieb das Werk damals auf der Flucht vor dem damaligen Landesherrn Herzog Karl Eugen in dem Wissen, dass es ein Erfolg werden musste. Auch solche Umstände können laut Herrn Volk gut in die Umsetzung eines Stückes miteinfließen. Des Weiteren wunderten wir uns beim Anschauen des Trailers über das moderne und minimalistische Bühnenbild, das nicht unseren Erwartungen entsprach. Auf unsere Frage hin bekamen wir die doch sehr einleuchtende Antwort, dass der Fokus in einem Stück mit solch einem komplexen Plot vielmehr auf den Emotionen und der Sprache liegt, um sowohl die Verwicklungen der Handlungsstränge als auch die Beziehungen der Charaktere und ihre Wesenszüge herauszuarbeiten. Besonders spannend war hierbei Herrn Volks Betrachtung der beiden Protagonisten. In der Stunde lernten wir Luise als eine junge Frau mit einer sehr radikalen Seite kennen, die sich vor allem auf ihre absolute Kompromisslosigkeit im Hinblick auf das Lügen bezieht. Eine Überzeugung, die sie durch ihren Eid nur ein Mal gezwungen ist zu brechen, was wiederum einen Schlüssel für den Ausgang der Geschichte darstellt. Auch seine Ansicht von der fast krankhaften Liebe Ferdinands, die Luise idealisiert und nicht mehr als Person wahrnimmt, war uns eine neue, aber aufschlussreiche Sichtweise, die dazu anregt, sich noch weiter mit diesem Stück auseinanderzusetzen.
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation stellt sich jedoch die Frage, ob und wann wir eine Inszenierung von „Kabale und Liebe“ im Theater sehen können. Auch die Theaterbranche ist von der Pandemie schwer betroffen. Die Proben mussten größtenteils komplett eingestellt werden und auch wenn sie wieder möglich sein werden, wird es nicht das gewohnte Theater sein. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht zu Verkleinerungen, Zusammenlegungen oder schlimmstenfalls Schließungen der Theater kommt.
Wenn es also wieder möglich ist, besucht die Theater und zeigt, dass sie, wenn auch nicht systemrelevant im eigentlichen Sinn, dennoch ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur sind, den es zu unterstützen gilt.
Bis dahin lohnt sich in jedem Fall ein Blick auf den Trailer zur Inszenierung von „Kabale und Liebe“ am Staatstheater Kassel. (Joelina Fellner, Lucia Schick und Stella Krone (10d)